Selbstfürsorge ist seit meinem Burnout for zwei Jahren eins meiner wichtigsten Prioritäten geworden. Dazu gehören die verschiedensten Praktiken, die ich regelmäßig mache, sowie bestimmte Routinen und Rituale.
Einige Beispiele:
Zunge schaben vor dem Zähneputzen (manchmal mache ich auch noch Ölziehen davor)
einölen und kalt duschen (das ist herrlich erfrischend, macht wach und regt das Immunsystem an)
warmes Wasser trinken und einen Bullet-Proof Kaffee (letzteres ist im Kundalini Yoga zwar verpönt, aber ich mag es, auch weil ich sonst einen extrem niedrigen Blutdruck habe - wird in Keto-Kreisen sehr empfohlen)
in meinem Bullet-Point Journal schreiben und reflektieren
eine Online Kundalini Yoga Klasse mit Jai Dev Singh in seiner LifeForce Academy
danach warm frühstücken
eine Runde spazieren gehen, um an die frische Luft und ans Licht zu kommen.
Da mein Körper mir seit einer Woche, nach einer regelrechten Hoch-Phase, deutliche Zeichen gibt (starke Müdigkeit und immer wieder leichte Übelkeit), ist es an der Zeit, mich da wieder stärker zu committen.
Was mir immer noch wieder schwer fällt, sind regelmäßige Rhythmen, wie z.B. regelmäßige Schlafens- und Essenszeiten, obwohl ich gerade da sehe, dass sie wichtig für mich sind - und wann immer ich es für eine Zeit schaffe, mich daran zu halten, so geht es mir gleich noch besser. Doch dann falle ich allzuoft wieder heraus...
Tägliche Zeiten draußen sind da in meiner Erfahrung auf jeden Fall hilfreich, da sie die biologische Uhr wieder einstellen. Plus noch eine gute Abendroutine: Z.B. zu lesen statt Netflix Serien anzuschauen, sowie mich z.B. noch einmal einzuölen vor dem Schlafengehen...
Gleichzeitig ist mir in letzter Zeit nochmal eine tiefere Einsicht gekommen. Mit diesem Satz versuche ich die Tatsache zu beschreiben, dass Erkenntnisse immer in Wellen kommen: Es wird mir etwas klar; ich beginne es zu leben; es tritt wieder in den Hintergrund; vielleicht vergesse ich es sogar; und dann taucht es erneut auf, hervorgebracht durch eine weitere kleinere oder größere Krise, und die Einsicht vertieft sich. Und dieser gesamte Zyklus kann sich einige Male wiederholen, mit sich vertiefenden Erkenntnissen im Laufe der Zeit.
Und so war es auch dieses Mal.
Nachdem ich mit einer Vielzahl von Praktiken und Routinen experimentiert habe, habe ich gesehen, wie die Selbstdisziplin, die ich benötige, um tatsächlich neue, gesündere Gewohnheiten zu schaffen, in der Tat der Beginn von Selbstliebe ist. Und damit habe ich mich eine Zeit lang extrem gut gefühlt.
Und etliche meiner neuen Gewohnheiten haben sich stabilisiert. Kundalini Yoga mag ich aus meinem Alltag nicht mehr wegdenken - genauso wenig wie meine kalte Dusche am Morgen.
Und obwohl ich in den letzten zwei Wochen eine Pause von der ketogenen Ernährung eingelegt habe - ab morgen bin ich wieder zurück - so habe ich noch nicht mal ein Stück Schokolade angerührt. Da war nicht ein Anflug von Heißhunger danach. Ich habe mir zweimal ein Stück Kuchen gekauft, und es beide Male in der Küche stehengelassen und vergessen - und schließlich nur gegessen, um es nicht wegzuschmeißen. Die Zuckersucht scheint wirklich wegzusein, und allein dafür hat es sich schon gelohnt...
Doch dann bin ich in den letzten Wochen wieder in ein extrem ungesundes Muster gefallen: abends bei Fernsehen, Netflix oder Internet hängenbleiben und viel zu spät ins Bett zu gehen. Und obwohl ich genau weiß, wie destruktiv sich das auf meinen Schlaf, meinen nächsten Tag, meine Gesundheit und all meine Absichten auswirkt, ist es mir die meiste Zeit nicht gelungen, gegen diese Sucht anzugehen. Ich hatte einfach die Energie nicht dafür.
Und selbst wenn es mir - mit viel Selbstdisziplin - für ein paar Tage geglückt ist, so bin ich doch immer wieder in das Muster gefallen. Dabei habe ich eine Menge Untersuchungen angestellt, wieso das so ist. Hier ein paar Beispiele:
Es ist ein Ersatz für mein authentisches Bedürfnis nach Gemeinschaft oder Familie. Daher muss meine erste Priorität sein, Wege zu finden, dieses Bedürfnis zu erfüllen.
Es ist abends, und ich habe einfach nicht mehr die Energie für die nötige Selbstdisziplin. Und wenn ich einmal angefangen habe, ziehen die genannten Aktivitäten (oder vielleicht sollte ich sie eher Passivitäten nennen) unsere Aufmerksamkeit an, so dass es immer mehr Energie braucht, sich daraus zu lösen. Die einzige Möglichkeit wäre, gar nicht erst damit anzufangen und mich komplett davon zu lösen - und ich bin mir nicht sicher, ob ich soweit tatsächlich gehen will.
Nach einem intensiven Tag brauche ich einen Ausgleich und muss quasi erst "herunterkommen" durch eine Aktivität für die ich keine aktive Aufmerksamkeit mehr brauche, damit ich danach überhaupt schlafen kann. Daher versuche ich, tagsüber immer mal wieder Pausen einzulegen, um die Intensität herauszunehmen. Das gelingt mal mehr und mal weniger gut.
Und während all das richtig ist, so ist es doch nur ein Teil der Wahrheit. Und selbst zusammengenommen haben diese Erkenntnisse bis jetzt noch nicht zu einem Durchbruch geführt.
Und so wurde mir noch ein weiteres Puzzlestück bewusst:
Da gibt es immer noch eine Art tiefsitzenden Selbsthass in mir, der sich in diesen Momenten zeigt. Es sind, wenn man so will, die Wurzeln des Selbsthasses, an dem ich früher schon oft gearbeitet habe, und diese Wurzeln sind eben noch übrig geblieben.
Es ist ein Riesen-Unterschied zwischen einer Selbstdisziplin, die aus dem Selbsthass kommt (= ich muss mich verbessern, damit ich endlich liebenswert bin) und einer Selbstdiziplin aus Selbstliebe heraus (= ich bin es mir Wert, diese gesunden Routinen zu pflegen). Und Selbstliebe ist wirklich die einzige Heilung für den Selbsthass:
mich selbst und meine authentischen Bedürfnisse wichtig nehmen
mich selbst respektieren und ernstnehmen
die Gaben sehen und wertschätzen, die ich geben kann; aber eben (langfristig) nur, wenn ich auch gut für mich sorge
Im Selbsthass spricht quasi die Egokontraktion zur Egokontraktion. Selbstliebe hingegen geht von Unique Self zu Unique Self. Sie ist sozusagen eine Unique Self Wahrnehmung.
Und so ist mein neuestes Commitment, mich wirklich selbst zu lieben und all meine Routinen aus dieser Selbstliebe zu pflegen.
Wenn Du bis hierhin gekommen bist, so möchte ich mich erstmal bei Dir für Deine Aufmerksamkeit bedanken. Und es würde mich sehr interessieren, was es ist, das Dich angesprochen hat. Was sind Deine eigenen Erfahrungen mit diesem Thema?
Soweit in etwas, was ich auf Facebook gepostet hatte. Ein Freund von mir hat mir daraufhin mitgeteilt, dass er etwas geschockt war, dass ich in meinem Text von Selbsthass spreche. Und ich möchte gerne etwas klarstellen:
Ich habe lange und intensiv an mir gearbeitet und dabei die Angst davor verloren die Dinge beim Namen zu nennen. Wenn ich mir anschaue, welche Auswirkungen es auf mich hat, wenn ich nicht genug schlafe, dann kann ich sehen, dass mich das langfristig umbringt (einfach weil Schlaf für die Reparatur unseres Körpers so wichtig ist und weil zu wenig Schlaf zu einem schwächeren Immunsystem führt). Dazu kommt noch, dass ich inzwischen - mit zunehmendem Alter - diese Auswirkungen direkt körperlich zu spüren bekomme. Es geht mir richtig schlecht damit. Und so kann ich dieses Verhalten wohl kaum als liebevoll mit mir selbst bezeichnen. Vielmehr ist es ziemlich selbstzerstörerisch. Und das verdient dann auch beim Namen genannt zu werden.
Der innere Dialog, der dann in mir stattfindet (und den ich beobachte und explizit mache), geht ungefähr so: - Du wolltest doch ins Bett gehen. Was machst Du denn da? - Ich kann nicht... Und dann bleibe ich wie gelähmt sitzen. Das meinte ich mit Ego-Kontraktion spricht zu Ego-Kontraktion. Und natürlich ist da auch bereits ein Zeugenbewusstsein präsent. Dieser Teil von mir ist einfach neugierig und will mehr wissen, was da eigentlich genau passiert. Und er freut sich über jede neue Erkenntnis.
Es gibt Menschen, die sich eher nicht erlauben, alle Tiefen ihres Unterbewussten auszuloten. Und für viele Menschen ist das wohl auch nicht angesagt. Ich habe immer schon zu denjenigen gehört, die in all diese Tiefen hingeht. Und jedes Mal bringe ich Schätze mit nach oben. Ich lebe gewissermaßen sehr dicht an jenem Vakuum von dem die Mystiker sprechen, an jenem Bereich, wo scheinbar das Göttliche nicht ist (und natürlich ist das nur scheinbar so). Und es gehört quasi zu meinem Unique Self dazu, hier immer wieder einzutauchen. Und so habe ich bereits sehr viele Ebenen von mir befreit - auch jenes Selbsthasses, mit dem ich mich schon viel auseinandergesetzt habe. Deswegen spreche ich hier auch von der Wurzel dieses Selbsthasses, die noch da war. Da ich in der letzten Zeit so stark mit meiner Selbstliebe verbunden war, habe ich diese Wurzel kaum noch wahrgenommen. Und als ich sie schließlich wahrgenommen habe, und erkannte, dass es nur die Selbstliebe ist, die diesen Selbsthass heilen kann, so war das auch schon die Heilung. Gestern abend habe ich mich zum Beispiel noch einmal kurz vor den Fernseher gesetzt - diesmal jedoch während ich mich gleichzeitig in Selbstliebe gehalten und mich damit eingehüllt habe. Und dieses Mal ist es mir gar nicht schwer gefallen, nach Ende des Films auszuschalten und ins Bett zu gehen.
Ich spreche ab und an über meinen Burnout. Und es ist vielleicht wichtig noch einmal klarzustellen, dass ich damit komplett im Frieden bin. Es ist leicht während so einer Krise, auf die Ego-Geschichte hereinzufallen, dass man das Opfer ist. Und dann findet man auch gewiss ein paar Schuldige. Auch bei mir war diese Verlockung kurz da. Doch dann bin ich - wie bei mir üblich - tiefer gegangen. Dazu habe ich mir auch Hilfe geholt (ein Aufenthalt in der Fachklinik Heiligenfeld in Bad Kissingen, eine Trauma-Therapie Ausbildung und meine Kundalini Yoga Praxis und Stufe 1 Ausbildung). Und mit all dem bin ich inzwischen an dem Punkt, wo ich diese Krise (= Wendepunkt) als ein Riesengeschenk ansehe, für das ich extrem dankbar bin.
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